Sozialtarif
In den letzten Jahren gab es angesichts stetig steigender Preise immer wieder Forderungen nach Sozialtarifen für Strom. Einkommensschwache Verbraucher sollen durch vergünstigte Tarife oder Rabatte des jeweiligen Stromversorgers entlastet werden. Diese Forderungen haben durchaus ihre Berechtigung, denn die Stromkosten müssen beispielsweise von Bürgergeld-Empfängern, im Gegensatz zu den Heizkosten, vom monatlichen Regelsatz selbst bezahlt werden. Die realen Stromkosten werden in den Regelsätzen jedoch nicht ausreichend berücksichtigt.
- Hohe Energiekosten und Stromsperren
- Sozialtarife - Wer soll das bezahlen?
- Was passiert mit Sozialtarifen, wenn es günstigere Anbieter gibt?
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Das Wichtigste in Kürze
- Im Strombereich allein wurden im Jahr 2015 fast 6,3 Millionen Stromsperren angedroht, in etwa 331.000 Millionen Fällen wurden sie auch durchgeführt.
- Die unterbrechungsfreie Versorgung mit Strom und Gas ist keineswegs für alle Verbraucher selbstverständlich.
- Bislang gibt es keine Sozialtarife im Energiebereich.
Hohe Energiekosten und Stromsperren
Wie viele Menschen Probleme haben, die hohen Energiekosten zu tragen, macht der Monitoringbericht der Bundesnetzagentur deutlich. Im Berichtsjahr 2011 wurde erstmals die Zahl der angedrohten und der tatsächlichen Versorgungsunterbrechungen wegen Zahlungsverzug erhoben. Im Strombereich allein wurden im Jahr 2015 fast 6,3 Millionen Stromsperren angedroht, in etwa 331.000 Millionen Fällen wurden sie auch durchgeführt.
Die unterbrechungsfreie Versorgung mit Strom und Gas ist also keineswegs für alle Verbraucher selbstverständlich. Die meisten Beobachter sind sich zwar einig, dass die Energieversorgung eine Errungenschaft ist, die für alle Bürger verfügbar sein soll. Wie dieses Ziel erreicht werden kann, ist allerdings stark umstritten.
Sozialtarife - Wer soll das bezahlen?
Einige sind der Meinung, dass die Energieversorger bei der Bereitstellung von Sozialtarifen in der Pflicht stehen - die Unternehmen sollten zugunsten einkommensschwacher Verbraucher auf Gewinne verzichten. Die Energieversorger andererseits lehnen staatlich verordnete Strompreise ab und verweisen darauf, dass Sozialpolitik eine Aufgabe des Staates sei.
Es gibt aber auch noch andere Argumente gegen Sozialtarife. Der ehemalige Chef der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, lehnte Sozialtarife im Energiebereich grundsätzlich ab. Rund die Hälfte des Strompreises besteht aus staatlichen Abgaben und Steuern. Teile dieser Abgaben seien ausdrücklich als Anreize zum Energiesparen eingeführt worden. Diese politisch gewollten Abgaben durch Subventionen zu verwässern, hielt er für nicht sinnvoll. Weiterhin würden die Sondertarife für einkommensschwache Haushalte den Wettbewerb unter den Stromanbietern behindern.
Die Privatisierung des Stromsektors ist auch für den Paritätischen Wohlfahrtsverband ein Grund dafür, Sozialtarife abzulehnen. Anstatt eines massiven Eingriffs in die Preispolitik der über 1.100 Stromanbieter plädiert der Verband für weitere Änderungen des Wohngeldgesetzes.
Was passiert mit Sozialtarifen, wenn es günstigere Anbieter gibt?
Das Modell der Sozialtarife basiert auf der Vorstellung, dass es in jeder Region einen Stromanbieter gibt, der alle Haushalte versorgt. Dies entspricht allerdings seit der Liberalisierung der Energiemärkte im Jahr 1998 nicht mehr der Realität – heute konkurrieren in jeder Region Deutschlands durchschnittlich über 170 Anbieter um die Gunst der Verbraucher. Diese Stromversorger müssten alle zu einem einheitlichen Sozialtarif gezwungen werden, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.
Denn sonst könnte sich beispielsweise die Situation ergeben, dass Angebote zur Verfügung stehen, die günstiger sind als die jeweiligen Sozialtarife. Dieser Fall ist im Sommer 2008 in Großbritannien eingetreten. Die dortige Regulierungsbehörde Ofgem kritisierte, dass viele Stromversorger Online-Tarife anbieten würden, die günstiger als die staatlich verordneten Sozialtarife seien. Dies würde bedeuten, dass die Unternehmen sogar noch mit einkommensschwachen Haushalten Geld verdienen wollten.
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