Niedrigzinsphase
Bei einer schwächelnden Wirtschaft senkt die Zentralbank die Zinsen, um die Konjunktur anzukurbeln. Eine Niedrigzinsphase ist für diejenigen erfreulich, die finanzieren wollen, aber unerfreulich für die Sparer – besonders wenn ihre Sparzinsen die Inflation nicht ausgleichen können.
- Das magische Viereck
- Geldanlagen in der Niedrigzinsphase
- Kredite mit niedrigen Zinsen
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Das Wichtigste in Kürze
- Eine Niedrigzinsphase wird ausgelöst, um eine schwache Volkswirtschaft wieder anzukurbeln: Durch günstige Zinsen sollen mehr Kredite vergeben werden, wodurch Arbeitsplätze geschaffen werden und die Nachfrage erhöht wird.
- Niedrige Kreditzinsen bedeuten aber auch niedrige Sparzinsen und Anleiheverzinsungen.
- Das Zusammenspiel der die Konjunktur bestimmenden Faktoren ergibt sich aus dem magischen Viereck.
- Auch in einer Niedrigzinsphase können Anleiheemittenten mit sehr guter Bonität mit der Auflage einer Anleihe mit Agio durchaus noch Geld verdienen.
Das magische Viereck
Das magische Viereck verdankt seinen Namen dem Umstand, dass es Aufgabe der Zentralbanken ist, vier völlig gegensätzliche Sachverhalte so zu steuern, dass ein optimales Ergebnis erzielt wird. Bei den vier Eckpunkten handelt es sich um:
- Anhaltende Vollbeschäftigung
- Moderate Inflation
- Ausgewogenen Außenhandel
- Stetiges Wirtschaftswachstum
Angenommen, die Variable Inflation ändert sich dahingehend, dass sie gegen Null tendiert. Ökonomen sagen, dass eine solide Volkswirtschaft eine Inflation von zwei Prozent pro Jahr widerspiegelt. Eine zu geringe Inflation kann ein Indiz dafür sein, dass die Nachfrage zu schwach ist. Eine zu geringe Nachfrage nach Wirtschaftsgütern bedeutet, dass weniger Arbeitskräfte benötigt werden, folglich die Vollbeschäftigung rückläufig ist und die Arbeitslosigkeit steigt. Sie bedeutet auch, dass das Wirtschaftswachstum stagniert oder ebenfalls zurückgeht.
Nachfrage anstoßen
Im ersten Schritt muss die Nachfrage angestoßen werden, um die Produktion zu erhöhen und damit die Beschäftigungszahlen wieder nach oben zu treiben. In der Summe führt dies wieder zu einem steigenden Wirtschaftswachstum.
Der einfachste Weg, die Nachfrage zu steigern, ist entweder die Preise zu senken oder den Kaufprozess durch niedrige Zinsen anzukurbeln. Preissenkungen sind für die Unternehmen Gift. Es bietet sich also an, die Finanzierung von Produkten durch niedrige Zinsen attraktiver zu machen. Damit die Banken billige Kredite vergeben können, um die Nachfrage zu steigern, müssen allerdings auch die Refinanzierungskosten gesenkt werden. Refinanzierungskosten können die Zinsen sein, die eine Bank bei der EZB für eine Geldaufnahme bezahlen muss. Es gilt aber auch, dass die Einlagenzinsen für Tagesgelder und Festgelder und die Zinsen für Anleihen sinken.
Niedrigzinsphasen entgegensteuern
In einer Niedrigzinsphase sollte die Konjunktur wieder angestoßen werden. War dieser Ansatz erfolgreich, bleiben mittelfristig Preissteigerungen aufgrund der steigenden Nachfrage nicht aus. Die Inflation kann in einen Bereich vordringen, der Verbrauchern den weiteren Konsum erschwert. In diesem Fall müssen die Notenbanken den umgekehrten Weg gehen. Statt billiger Kredite in der Niedrigzinsphase muss die Geldvergabe jetzt massiv verteuert werden. Unternehmen und private Haushalte reduzieren ihr Finanzierungsvolumen, die Nachfrage sinkt und damit verlangsamt sich auch die Preisentwicklung. Die Krux ist, dass dann auch wieder die Produktionsauslastung zurückgeht, Arbeitskräfte freigesetzt werden und sich das Wirtschaftswachstum stagniert.
Es ist also kein Wunder, dass hier von einem magischen Viereck die Rede ist, dessen Dynamik niemals einen Stillstand erreicht. Die konjunkturelle Entwicklung geht immer in eine Richtung, welche die anderen Komponenten negativ beeinflusst und eine Intervention der Zentralbanken notwendig macht.
Geldanlagen in der Niedrigzinsphase
Eine Faustformel am Kapitalmarkt besagt, dass niedrige Zinsen automatisch steigende Aktienkurse bedeuten. Wer auf dem Sparbuch keine Rendite mehr erwirtschaftet, schaut am Aktienmarkt nach Titeln, die eine solide Dividende versprechen. Für manchen Anleger ist der Sachverhalt allerdings nicht so einfach. Während das Sparbuch keinerlei Veränderungen erfährt, schwanken die Aktienkurse. Das Auf und Ab an der Börse ist für einige Anleger und Anlegerinnen nicht die ideale Geldanlage. Stabile Zinsen stehen für sie im Vordergrund, nicht mögliche Kursgewinne.
Wer während einer Niedrigzinsphase allerdings in Anleihen und Einlagen investiert, riskiert, dass die Inflation die Zinsen auffrisst. Dabei geht es nicht um den üblichen partiellen inflationsbedingten Wertverlust, sondern darum, dass die Inflation den Zinssatz übersteigt. Das Ergebnis ist nicht nur eine Null-Rendite, sondern auch ein Verzehr des vorhandenen Kapitals. Mit anderen Worten, eine Niedrigzinsphase vernichtet Werte.
Es gibt allerdings auch Profiteure bei Niedrigzinsphasen. Die Rede ist von den Finanzministern der Staaten, die im internationalen Rating an der Spitze stehen. Anleihen dieser Staaten sind immer gefragt, auch wenn es mit den Zinsen eher dürftig aussieht. Die Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland konnten in den Jahren, die der Finanzkrise 2008 folgten, durch die Niedrigzinsphase mit der Kreditaufnahme durch Staatsanleihen Geld verdienen. Die Anleihen in dieser Zeit waren mit einem Agio versehen, welches den Zinssatz überstieg. Institutionelle Anleger mussten ihre freien Gelder investieren. Staatsanleihen aus Deutschland waren, trotz des faktischen Minuszinses, immer nachgefragt.
Kredite mit niedrigen Zinsen
Auch private Kreditnehmer profitieren in einer Niedrigzinsphase. Manchmal werden sogar Privatkredite mit einem negativen Zinssatz angeboten. Wie bei Staaten, sind Negativzins-Angebote nur für Kreditnehmer mit der allerhöchsten Bonität vorbehalten und zudem normalerweise auf sehr geringe Kreditsummen begrenzt. Doch auch alle anderen Kreditnehmer kommen in solchen Phasen generell einfacher und günstiger an ihr Geld.
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